Jedes Jahr begehen ca. 10.000 Menschen in Deutschland Suizid. Gerade junge Menschen bis zum Alter von 25 Jahren sind besonders gefährdet – bei Jugendlichen ist Selbsttötung die zweithäufigste Todesursache. Deshalb hat die Caritas dem heimischen Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann (CDU) ein bemerkenswertes Projekt zur Suizidprävention vorgestellt: Das [U25]-Suizidpräventionsangebot der Caritas bietet jungen Menschen eine anonyme und kostenlose Online-Beratung. Auch wurden die verschiedenen Gesetzesentwürfe zur Sterbehilfe diskutiert, die derzeit im Deutschen Bundestag vorliegen und über den assistierten Suizid entscheiden sollen.

Heimische Caritas berät sich mit Stegemann zu aktuellem Sterbehilfe-Gesetz

[U25] Emsland bietet Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Krisensituationen und bei suizidalen Gedanken eine digitale Beratung. Das Besondere dabei ist, dass die Ratsuchenden von Gleichaltrigen beraten werden, die sich in einer ähnlichen Lebensphase befinden. Im Jahr 2022 wurden über das digitale Beratungsangebot am Standort Emsland 209 junge Menschen erreicht. Und die Nachfrage nach Beratung bleibt hoch: „Das liegt teilweise über den Grenzen unserer Kapazität“, berichtet die Standortleiterin Katrin Warstat.

Durch eine halbjährige Ausbildung werden die Beraterinnen und Berater des [U25]-Projektes darauf vorbereitet, junge Menschen in Krisensituationen zu begleiten. Eine Besonderheit von [U25] ist, dass diese selbst zwischen 16 und 25 Jahren alt sind. Dadurch entsteht eine Vertrauensbasis, da sie die Herausforderungen junger Menschen nachvollziehen können. [U25] Emsland ist einer von insgesamt 11 Standorten in Deutschland, die hauptsächlich durch Mittel des Bundesfamilienministeriums bis Ende 2024 finanziert werden.

Das Hilfsangebot von [U25] erfolgt über eine verschlüsselte Helpmail auf der Website www.u25-emsland.de. Ratsuchende können ihre Sorgen, Fragen und Anliegen anonym an einen der ehrenamtlichen Berater senden. Die Beratung steht im Zeichen der Begleitung und des Vertrauensaufbaus. Die Geschäftsführerin der emsländischen Caritas, Marion Feldmann, betont: „Wir verzichten bewusst auf eine Wertung oder Moralisierung der Suizidgedanken. Unsere Beratung dient als Unterstützung und ermutigt die Ratsuchenden, auch vor Ort weitere Hilfsangebote zu suchen.“

„Das [U25] Projekt hat meine vollständige Unterstützung“, macht Albert Stegemann klar. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass das Projekt frühzeitig Planungssicherheit bekommt und weitergefördert werden kann. Alle jungen Menschen mit Problemen kann ich nur ermutigen: Trau dich andere zu fragen, wenn es zu schwer für dich wird! Du bist mit deinen Problemen nicht allein.“

Auch wurde das Thema Sterbehilfe bei dem Treffen diskutiert. Das Bundesverfassungsgericht hat 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Derzeit gibt es drei verschiedene Gesetzesinitiativen im Deutschen Bundestag, die die Sterbehilfe in Deutschland neu regeln und die Suizidprävention stärken wollen. Wie bei ethischen Fragen üblich, handelt es sich dabei um fraktionsübergreifenden Gruppenanträge. Bis zur parlamentarischen Sommerpause soll über die Neuregelung der Sterbehilfe entschieden werden.

Die Caritas und Albert Stegemann unterstützen den Entwurf, in dem assistierte Suizide nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden sollen. Dafür muss die Person, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen will, volljährig sein, sich von einem Facharzt für Psychiatrie untersuchen lassen und ein Beratungsgespräch absolvieren. Marion Feldmann erklärt: „Wir nehmen den Wunsch einen jeden Menschen ernst. Bevor wir jedoch über Suizidhilfe diskutieren, setzen wir für uns für eine wesentliche Verbesserung der Prävention ein. Wenn Suizidhilfe gesetzlich geregelt wird, dann sollte es sorgfältig formulierte Regeln geben. Dazu gehört unter anderem, dass der Betroffene volljährig ist, keine psychischen Probleme hat und frei ohne äußeren Druck entscheidet.“  Auch der Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann unterstützt diese Ansicht.

Lingen. Der Evangelische Arbeitskreis (EAK) im CDU-Kreisverband Lingen diskutierte am Dienstagabend mit dem Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann über die Sterbebegleitung und Sterbehilfe. Hierzu hatte der Arbeitskreis angesichts der im November anstehenden Entscheidung im Deutschen Bundestag eingeladen. „Jede Form der Sterbebegleitung muss grundsätzlich lebensbejahende sein. Organisierte und regelmäßige Sterbehilfe sollte daher verboten werden“, stellt Stegemann klar.

 

In die aktuelle gesellschaftliche Diskussion zur Sterbebegleitung führte Stegemann ein. Seit einigen Jahren böten verschiedene Vereine die Möglichkeit an, seinem Leben durch assistierten Suizid ein Ende zu setzen. Die Tötung auf Verlangen steht in Deutschland zwar unter Strafe, die besagte Beihilfe zum Suizid ist dagegen nicht ausdrücklich geregelt. Den assistierten Suizid wollte die Bundesregierung daher vor drei Jahren unter Strafe stellen, sofern er kommerziell betrieben wird. Dies hätte nicht-kommerziellen Formen organisierter Suizidbeihilfe Vorschub geleistet. Da diese damit straffrei und so faktisch erlaubt gewesen wären. Damals konnte keine Einigung herbeigeführt werden. Nach der Bundestagswahl habe die Debatte erneut begonnen. Im November solle nun der Bundestag über die künftige Regelung entscheiden.

EAK-Kreisvorsitzende Gundula Zieschang und Albert Stegemann auf der Veranstaltung des EAK-ArbeitskreisesEAK-Kreisvorsitzende Gundula Zieschang und Albert Stegemann auf der Veranstaltung des EAK-Arbeitskreises

Die Abstimmung im Bundestag zur Sterbehilfe werde fraktionsoffen erfolgen. Fünf Parlamentariergruppen hätten bisher Vorschläge vorgelegt. Diese reichen von einem Verbot jedes organisierten und regelmäßigen Angebots im Strafgesetzbuch bis hin zu einer Legalisierung, bei der eine Unkostenerstattung möglich sei. Selbst bei den umfassenden Verbotsvorschlägen könne aber der Einzelfall der Sterbebeihilfe durch Ärzte oder Angehörige grundsätzlich straffrei bleiben.

Stegemann tritt in der Debatte für ein Verbot jedweder Form der organisierten und regelmäßigen Suizidbeihilfe ein. Organisierte Hilfe zum Suizid sei keine normale Dienstleistung und dürfe nicht als solche angesehen werden. Vielmehr müsse eine menschenwürdige Gesellschaft Menschen in Verzweiflung, Menschen, die Angst haben vor Einsamkeit, Schmerzen oder Übertherapien haben, andere Antworten geben können. Hierzu leiste die Hospiz- und Palliativbegleitung einen wichtigen Beitrag. Daher werde der Bund diese zeitnah stärken und rund 250 Millionen Euro über die Krankenkassen bereitstellen.

Die anschließende Diskussion war geprägt von persönlichen Erfahrungen. Gerade die Frage nach dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen sowie der Würde des Menschen nahm viel Raum ein. Einige Teilnehmer betonten, wie wichtig es sei, den Sterbewunsch eines Schwerstkranken nicht zu stigmatisieren, sondern sich diesen Menschen besonders anzunehmen und sich die nötige Zeit für Gespräche zu nehmen.

Die schwierige Situation bei Einzelfällen sehe Stegemann. „Aber kein Gesetz kann jeden Einzelfällen regeln“, betonte Stegemann. Umso wichtiger sei es, keine falschen Anreize mit einer lockeren Handhabung der Straffreiheit zu setzen. Gerade angesichts steigender Ausgaben für Pflege- und Krankenversorgung im Alter würden sonst Betroffene dazu gedrängt, die Sterbebeihilfe als Ausweg zu wählen. Schließlich wolle niemand seinen Kindern über Gebühr zur Last fallen.

Die Teilnehmer waren sich einig, dass Vereine, deren einziger Sinn das Herbeiführen des Todes anderer Menschen ist, unter Strafe gestellt werden sollten. Intensiv diskutiert wurde, wie ein würdiges und selbstbestimmte Altern und Sterben gelingen kann. Alle Mitglieder im EAK würdigten das unermüdliche Engagement der Pflegekräfte und Ehrenamtlichen in den Pflege-, Palliativ- und Hospizeinrichtungen. Jedoch gebe es noch vieles zu verbessern. Zum einen sei dies eine Frage des Geldes. Eine Antwort darauf gebe der Bund mit den Pflegestärkungsgesetzen, so Stegemann. Insgesamt könnten damit die Pflegeleistungen um 20 Prozent erhöht werden. Allein mit Geld könne jedoch eine würdige Begleitung im Alter nicht gelingen. Hierzu bedarf es guter Familienstrukturen und eines starken Ehrenamts, betonte Stegemann.

 

Berlin. Am heutigen Donnerstag findet eine erste Orientierungsdebatte zur Sterbebegleitung im Deutschen Bundestag statt. Der direktgewählte CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann begrüßt den über vierstündigen Austausch der Parlamentarier. Bis zum Herbst 2015 soll geklärt werden, ob und wie die Beihilfe zur Selbsttötung künftig geregelt werden soll. „Es ist gut, dass wir uns die Zeit für den intensiven Austausch nehmen. Wir müssen die Sorgen der Menschen, die sich durch Alter oder Krankheit geschwächt fühlen, zutiefst ernstnehmen“, betont Stegemann. Einer gesetzlichen Lockerung erteilt er indes eine klare Absage. Vielmehr fordert er einen massiven Ausbau der palliativen und hospizlichen Angebote.

 

Seit dem Aufkommen sogenannter organisierter Suizidvereine wird das Thema intensiv diskutiert. Diese Vereine bieten in Ländern wie der Schweiz eine Hilfe zur Selbsttötung gegen Bezahlung an. Ein 2012 vorgelegter Gesetzentwurf sollte eine solche geschäftsmäßige Sterbehilfe in Deutschland unter Strafe stellen. Dies hätte nicht-kommerzielle Formen organisierter Sterbehilfe allerdings faktisch legalisiert. Darüber, dass dies nicht gewünscht sein kann, besteht weitgehendes Einvernehmen unter den Abgeordneten.

 

Schon heute steht die Tötung auf Verlangen in Deutschland unter Strafe, die Beihilfe zum Suizid ist nicht ausdrücklich geregelt. Künftig soll nach Willen Stegemanns jede kommerzielle oder organisierte Sterbehilfe verboten werden. Die Schwierigkeit bestehe darin, zu erörtern, welche Rolle engste Angehörige und Ärzte haben. Ärzte können unheilbar Schwerstkranken beim Sterben würdevoll begleiten. Hier darf keine Rechtsunsicherheit für die Ärzte entstehen. Zugleich darf ein ärztlich assistierter Suizid auf keinen Fall zu einer vermeintlich normalen Behandlungsoption werden.

 

Nach Ansicht Stegemanns müsse man in der Debatte den Blick auf zwei Punkte richten: „Zum einen ist jeder Krankheitsverlauf derart einzigartig, dass wir dies mit keinem gesetzlichen Katalog abbilden können. Die Entscheidung eines jeden Einzelnen, wie sie etwa in der Patientenverfügung geäußert wird, müssen wir zutiefst respektieren. Zum anderen schwächt jede Öffnungsklausel gerade die Schwächsten der Schwachen. Durch Alter oder Krankheit zermürbte Menschen suchen die helfende Hand eines Freundes. Wenn sie sich allein gelassen fühlen oder den Angehörigen nicht zur Last fallen wollen, sehnen sie sich nach Erlösung. Der Solidarität mit diesen Menschen müssen wir absoluten Vorrang einräumen. Wir müssen die Hand reichen und Hilfe anbieten. Selbstbestimmtheit im Sterben ist dagegen eine Illusion, die so nicht einlösbar ist. Es geht vielmehr darum, den Menschen ein Sterben in Würde zu ermöglichen und ihre verbleibende Lebenszeit so angenehm wie möglich zu gestalten.“

 

Durch Palliativmedizin und Hospizbegleitung sei ein solches Sterben in Würde in aller Regel möglich. Dies zeigen die Einrichtungen und Vereine wie die in Meppen, Thuine oder Emlichheim. Leider werde hierüber noch immer zu wenig informiert. Dies sei dringend nötig, um Ängste abzubauen. Es gehe nicht nur um die Angst vor dem Tod, sondern auch um die Angst, jemanden zur Last zu fallen oder vor einer medizinischen Überbehandlung, wenn man nicht mehr möchte. Hierfür habe Stegemann tiefstes Verständnis. Daher sei der Ausbau der Palliativ- und Hospizangebote so unheimlich wichtig.