Berlin/Lingen. Auf Einladung des direktgewählten Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann nahm der Betriebsratsvorsitzende des Kernkraftwerks Emsland Peter Hubelitz am Mittwoch am Energiepolitischen Dialog der CDU/CSU-Fraktion in Berlin teil. „Braucht es künftig Kapazitätsmärkte?“ – Diese Frage wurde anlässlich des beginnenden Dialogs über das neue Strommarktdesign intensiv diskutiert. „Alle Fakten und Kosten müssen auf den Tisch, bevor wir zu einer Entscheidung kommen können. Das ist bei den Erneuerbaren Energien manchmal zu kurz gekommen – mit teuren Folgen“, begrüßt Stegemann den anstehenden Prozess.
Ende Oktober hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel seinen Fahrplan zum neuen Strommarkt der Zukunft vorgelegt. Das Ergebnis dieses Prozesses wird tiefgreifende Folgen für den Kraftwerksstandort Lingen haben. So sollen hier die Vergütungsmodelle für erzeugten Strom und die vorgehaltenen Kraftwerkskapazitäten geregelt werden. Der angestrebte Dialog unter Einbindung aller Akteure sei wichtig, so Stegemann. Gleichwohl sieht er das Diskussionspapier des Ministers, das sogenannte Grünbuch, kritisch. „Es fehlt die Datengrundlage. Wir müssen schauen, was fachlich richtig und politisch klug ist und dürfen keine Optionen vorher schlecht reden.“
Hubelitz und Stegemann fürchten, dass der Wirtschaftsminister aus ideologischen Gründen keine explizite Vergütung für die Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten möchte. Gaskraftwerke steuern damit schweren Zeiten entgegen. „Wenn wir dann am Ende des Tages feststellen sollten, die Kraftwerke reichen hinten und vorne nicht für eine verlässliche Stromversorgung, wird es richtig teuer“, so Hubelitz. Man müsse sich daher die Zeit nehmen und über alle Optionen vernünftig sprechen.
Für die Menschen und Unternehmen in Deutschland ist die Versorgungssicherheit selbstverständlich. Deutschland ist Weltmeister in Sachen Zuverlässigkeit beim Strom. Im gesamten Jahr 2012 stand dem durchschnittlichen Verbraucher lediglich 15,91 Minuten lang kein Strom zur Verfügung. Bei einem angedachten Energy-only-Market 2.0, der ausschließlich den tatsächlichen eingespeisten Strom vergütet, drohen Studien zufolge deutlich höhere Ausfallzeiten. Ursache wären ausbleibende Investitionen in Kraftwerke, wenn sich diese über den Strompreis nicht refinanzieren lassen.
Derzeit leisten Gaskraftwerke einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. So kann die GuD-Anlage in Lingen laut Hubelitz binnen 45 Minuten aus dem Kaltstart heraus zwei Drittel der Gesamtleistung abrufen. „Das Kraftwerk in Lingen ist damit die Feuerwehr für die Erneuerbaren Energien, die wir alle gemeinsam wollen, ohne dass bei uns die Lichter ausgehen“, betont Stegemann die Wichtigkeit des Standorts Lingen.
Deutschland steht vor der Grundsatzentscheidung, wie der künftige Strommarkt aussehen soll. Bis Mitte des Jahrhunderts soll 80 Prozent des Stromes sicher und kostengünstig aus erneuerbaren Energien stammen. Gleichzeitig sind konventionelle Kraftwerke notwendig, die jederzeit die Stromversorgung sicherstellen können. Mit den derzeitigen Marktmechanismen sei dies aus Sicht vieler Experten nicht zu machen. Daher sollen in den nächsten Jahren die Weichen für einen verlässlichen Strommarkt gestellt werden. Stellungnahmen zum Grünbuch des Wirtschaftsministeriums können bis zum 1. März 2015 an gruenbuch-strommarkt@bmwi.bund.de gesandt werden.