Nordhorn. Anlässlich der Entscheidung des EuGH zur Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel hat sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann mit Apothekern in Nordhorn getroffen. Diese informierten ihn über Schwierigkeiten für Patienten und Apotheker im Fall einer umfänglichen Rabattierung. „Apotheker sind im ländlichen Raum Garanten für die Gesundheit. Das werden wir bei einer möglichen gesetzlichen Regelung berücksichtigen“, so Stegemann.
Am Gespräch nahmen Dr. Gerd Uffelmann von der Apotheke am Postdamm in Nordhorn, Lars Steffgen von der Burg Apotheke in Schüttorf und Ulrich Dreischulte von der St. Vinzenz-Apotheke Haselünne teil. „Die Verunsicherung nach dem EuGH-Urteil ist bei uns Apothekern groß“, betont Steffgen. Insbesondere junge Apotheker hätten viel investiert und stünden nun vor großen Herausforderungen, wenn es zu einer Freigabe der Preise für verschreibungspflichtigen Medikamenten käme.
Apotheker erwirtschaften rund 80 Prozent ihres Gewinns mit den sogenannten Rx-Arzneimitteln. „Im Gegenzug beraten wir Kunden kostenlos und unabhängig – von der Prävention, über die Medikation bis zur Ernährung“, so Steffgen. Ein Umsatzeinbruch bei Rx-Arzneimitteln würde das Einkommen überdurchschnittlich schmälern. Der Sicherstellungsauftrag in der Fläche wäre bedroht. „In den letzten sechs Jahren ist die Zahl der Apotheken um zehn Prozent zurückgegangen. Dieser Trend würde sich insbesondere im ländlichen Raum beschleunigen“, ist sich Dreischulte sicher.
Dreischulte sorge sich, dass die Freigabe der Preise zulasten der Verbraucher gehe. Schließlich sei die Zielgruppe der Versandhändler klein. „Im Fokus stehen chronisch Kranke mit gleichbleibender Medikation. Uns droht eine Rosinenpickerei“, befürchtet Dreischulte. Dort wo die Kühlkette aufrechterhalten werden muss, oder individuelle Rezepturen gefragt sind, habe der Patient das Nachsehen.
Diese Einschätzung teilt Stegemann. „Eine flächendeckende Abdeckung mit Apotheken ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Gerade Ältere und Hilfsbedürftige profitieren vom Gespräch in den inhabergeführten Apotheken“, so Stegemann. Gleichwohl erwarte er von den Apothekern, dass diese sich zukunftsfähig aufstellen. Nur so ließe sich eine Sonderstellung der Apotheken rechtfertigen.
Hier sehen die drei Apotheker ihren Berufsstand auf einem guten Weg. Nahezu alle Apotheken bieten einen Lieferservice an, Rezepte können außerhalb der Öffnungszeiten abgegeben werden. Erste Apotheken in der Grafschaft wie die Apotheke am Postdamm in Nordhorn oder die Burg-Apotheke in Schüttorf bieten über eine App für das Smartphone eine Bestellmöglichkeit an. Lieferungen werden verlässlich, zeitnah und persönlich übergeben.
„Unser System ist für den Kunden unkomplizierter als die aufwendige Online-Bestellung. Dort muss das Rezept eingeschickt werden und man gerät nicht selten an schwarze Schafe“, so Uffelmann. Zudem würden die verschreibungspflichtigen Medikamente beim Online-Händler nicht günstiger, gibt er zu bedenken. Vielmehr erhalte der Besteller einen Bonus. „Wenn die Kasse die Rechnung zahlt und der Patient den Bonus erhält, sind das problematische Anreizstrukturen“, mahnt Uffelmann. Dabei seien die Rabatte nicht Ergebnis effizienterer Strukturen, sondern anderer Einkaufsbedingungen im Ausland. Wenn am Ende aber ausländische Apotheken die Rx-Medikamente verkaufen, fließen die Kassenbeiträge ins Ausland ab. Die Defizite im Gesundheitssektor verbleiben bei inländischen Akteuren und müssten auf anderem Wege ausgeglichen werden.
Das Urteil des EuGH hat keine unmittelbaren Auswirkungen. Nun muss das Oberlandesgericht Düsseldorf im laufenden Berufungsverfahren zu einem Ergebnis kommen. Parallel ist eine politische Debatte entbrannt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe erwägt zur Regelung vor 2004 zurückzukehren. Bis dahin war der Versand von Rx-Arzneimitteln verboten. Seinerzeit hatte sich Ulla Schmidt dem Druck der Versandapotheken gebeugt und ausländische Versandhändler zugelassen.