Russlanddeutsche: Gesprächsabend über Rolle in der Region

Wahlkreis - 06. Juni 2017

Lingen. Am vergangenen Freitag diskutierte Heinrich Zertik als erster russlanddeutscher Bundestagsabgeordneter mit rund 30 Gästen im Gemeindehaus der Johanneskirche in Lingen. Abgerundet wurde der Abend durch alte russische Volkslieder und -tänze der Gruppe „Rossinka“. „Die 250-jährigie Geschichte der Deutschen in Russland hat tiefe Spuren hinterlassen. Jetzt gilt es, gemeinsam nach vorne zu schauen“, betonte Zertik.

Zum Gesprächsabend hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann eingeladen. Er verwies auf die wichtige Rolle der Aussiedler im Emsland und der Grafschaft Bentheim. „Die Menschen sind aus einer schwierigen Situation heraus bei uns heimisch geworden und haben sich zu einer zentralen Stütze für unser Zusammenleben entwickelt.“

Heinrich Zertik MdB zusammen mit Albert Stegemann MdB und weiteren Gästen beim Tanz der Gruppe „Rossinka“ im Gemeindehaus der Johanneskirche
Heinrich Zertik MdB zusammen mit Albert Stegemann MdB und weiteren Gästen beim Tanz der Gruppe „Rossinka“ im Gemeindehaus der Johanneskirche

Zertik: Russlanddeutsche fester Teil der Gesellschaft – Gemeinsamkeiten betonen

Für den Bundesvorsitzenden des Netzwerks Aussiedler der CDU Zertik gehe es nicht so sehr um Integration, sondern das Gefühl von Heimat und die Liebe zum Land. „Wir haben in Russland die Verfassung geachtet und die Rechte respektiert. Das erwarten wir auch von Zuwanderern in Deutschland.“

Zertik stammt aus Kasachstan und ist 1989 mit seiner Frau und Tochter nach Deutschland gekommen. Hier hat er sich früh engagiert und war im Kreis Lippe einer der ersten Aussiedlerbeauftragen Deutschlands. Das langjährige Engagement hat ihn 2013 in den Bundestag getragen. Nun wirbt er für ein gutes Miteinander. „Ich will, dass die Menschen ernst genommen und nicht als Wahlvolk missbraucht werden.“ Das sei viel Arbeit und brauche enge Kontakte. Hierbei lobt er das Engagement der Kanzlerin, die sich viel Zeit für die Sorgen und Probleme der Aussiedler nehme.

Dabei sei die Geschichte sei Aussiedler in Deutschland eine Erfolgsgeschichte. Viele der 1,5 Millionen seien Selbstständige. „Sie schaffen Arbeitsplätze, zahlen Steuern und bringen sich in unsere Gesellschaft ein.“ Im Landkreis Emsland liegt der Anteil der Aussiedler an der Bevölkerung bei rund sieben Prozent.

Zertik: Weiterhin Regelungsbedarf bei Berufsanerkennung und Renten

Zugleich gebe es aber noch Probleme, die angegangen werden müssten. „Vielen brennt die Anerkennung ihrer Abschlüsse auf der Seele. Es gibt noch immer Ärzte, Lehrer, Fachleute, die ihren Beruf nicht ausüben können. Das sind menschliche Schicksale. Und leider sind einige so enttäuscht, dass sie hingeschmissen haben.“

Auch bei der Rente gebe es Nachbesserungsbedarf. Grundsätzlich haben Aussiedler Anspruch auf Rente nach Fremdrentengesetz für die Zeit, die sie in ihrem Herkunftsland gearbeitet haben. Jedoch gibt es Höchstwerte und Kürzungen. „Viele bekommen daher eine niedrige Rente und hätten Anrecht auf Grundsicherung. Viele Russlanddeutsche gehen aber nicht zum Staat, sondern schränken sich ein. Sie leben sprichwörtlich von Wasser und trocken Brot.“ Aktuell laufen hierzu Verhandlungen mit dem Innenministerium und dem Arbeitsministerium. Im Juli sei die nächste Sitzung geplant. Die CSU fordert eine Verbesserung im Zuge der Angleichung der Renten in Ost- und Westdeutschland bis 2025.

Hinsichtlich der Diskussion und den Einfluss russischsprachiger Medien warnte Zertik vor übertriebener Aufregung. „Medien zu verbieten, wäre grundverkehrt. Das macht diese nur attraktiv. Die Vielfalt ist gut. Was wir brauchen ist eine gute Analyse. Zudem müssen wir die Menschen ermutigen, hinter die Buchstaben und Sätze zu schauen und Medien zu vergleichen.“ Langfristig würde die CDU erfolgreich bleiben, wenn sie hart arbeite und mit Leistungen überzeuge.

Zudem sei der Dialog mit den östlichen Staaten unverzichtbar. Zertik werde daher gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem Beauftragten für Spätaussiedler der Bundesregierung, Hartmut Koschyk, zur Expo 2017 nach Astana der Hauptstadt von Kasachstan reisen. Dort werden sie gemeinsam den Deutschen Pavillon eröffnen und Gespräche führen.