Unfairen Handelspraktiken bei Lebensmitteln Riegel vorschieben

Berlin, Ernährung, Landwirtschaft - 27. Januar 2021

Berlin. Der Deutsche Bundestag berät am heutigen Mittwoch in erster Lesung über das Zweite Gesetz zur Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes, mit dem die EU-Richtlinie gegen Unlautere Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Dazu erklärt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, zu seiner heutigen Rede im Deutschen Bundestag:

„Heute setzen wir den Startschuss für einen faireren Umgang in der Lebensmittelkette. Die Stärkung der Landwirte und Verarbeiter in der Lieferkette ist dabei ein Fortschritt.

Zuletzt haben das hohe Preisbewusstsein der Verbraucher und der brutale Preiskampf der Discounter um mehr Marktanteile leider dazu geführt, dass die Erzeuger unter die Räder kommen. Deshalb müssen wir hier ordnend eingreifen.

Stegemann: Landwirte dürfen beim Preiskampf nicht unter die Räder kommen

Aber wir dürfen nach dem Startschuss nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Deshalb werden wir im parlamentarischen Verfahren unter anderem über ein Verbot von Listungsgebühren sprechen, die bislang dafür bezahlt werden müssen, damit gute Produkte überhaupt in die Regale kommen.

Wir müssen im parlamentarischen Verfahren auch über eine Ausweitung des Anwendungsbereichs reden. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch genossenschaftliche Unternehmen dem Handel als David gegen Goliath gegenüberstehen – unabhängig vom Jahresumsatz. Viele Molkereigenossenschaften kommen schnell über die vorgesehene Umsatzgrenze. Hier wollen wir Schutzlücken schließen.

Das parlamentarische Verfahren bietet auch die Chance, darüber zu beraten, ob die derzeit vorgesehenen Beschwerdemöglichkeiten für Landwirte hinreichend wirkungsvoll und vertrauenswürdig sind. Wenn hier eine neutrale Ombudsperson helfen kann, ist das eine Überlegung wert; es kommt aber auf die konkrete Ausgestaltung an. Darüber wird zu reden sein.

Würden sich die vier großen Handelsketten, die 85 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland beherrschen, jederzeit wie ehrbare Kaufleute verhalten, bräuchten wir die UTP-Richtlinie nicht. Die Erfahrungen aus der letzten Zeit zeigen jedoch, dass es nur Bewegung gibt, wenn wir das scharfe Schwert namens UTP ziehen und – wo nötig – nachschärfen.

Wahr ist aber auch, dass die neuen Spielregeln nicht per se für höhere Preise sorgen. Hier sind die Landwirte gefordert, sich stärker zusammenzutun und ein echtes Marketing für heimische Produkte zu entwickeln. Landwirte müssen sich an der Ladentheke emanzipieren und dürfen nicht länger Bittsteller sein. Das wird ihrer Arbeit und ihren hervorragenden Produkten ohnehin nicht gerecht.“

Hintergrund:

Der Gesetzentwurf sieht ein Verbot der schädlichsten unlauteren Handelspraktiken vor, um Landwirten in Geschäftsbeziehungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel eine gerechtere Behandlung zu ermöglichen und ihre Verhandlungsposition gegenüber der enormen Marktmacht der vier großen Handelsketten zu verbessern. Die Dringlichkeit der Umsetzung ergibt sich auch aus den Protesten von Landwirten um den Jahreswechsel 2020/2021 vor den Zentrallagern der großen Handelsketten, womit auf die sehr angespannte Preissituation insbesondere bei Milch- und Fleischerzeugern aufmerksam gemacht werden sollte.

Albert Stegemann am 10.05.19 in Berlin im Deutschen Bundestag. / Foto: Tobias Koch (www.tobiaskoch.net)