Georgsdorf. Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sieht eine deutliche Reduktion der Verwendung und des Abbaus von Torf vor. Torf ist ein fossiler Rohstoff, welcher Kohlenstoff bindet. Beim Abbau dieses Materials, welches vorrangig für Blumenerden und ähnliche Gartenbauprodukte verwendet wird, wird das klimaschädliche CO2 freigesetzt. Die Wirtschaftsbranche arbeitet bereits mit Hochdruck an Produkten aus Ersatzstoffen, deren vollständige Entwicklung allerdings noch Zeit benötigt.
Die Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, deren Vorsitzender der Grafschafter Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann ist, präferiert eine Torfminderungsstrategie, welche sich als realistisch umsetzbar gestaltet und Wettbewerbsverzerrungen verhindert. Anders sieht der Entwurf des Bundesumweltministeriums unter der Führung von SPD-Ministerin Svenja Schulze aus. Das Traditionsunternehmen Gebr. Brill Substrate GmbH & Co. KG aus Georgsdorf, welches seit über hundert Jahren in der Branche tätig ist, teilt Stegemanns Einschätzung. „Wir arbeiten mit belebtem Material. Die Entwicklung von Ersatzprodukten erfordert eine umfangreiche Forschung, um nicht nur ebenso wirksame, sondern auch beständige Produkte zu entwickeln“, erläutert der Geschäftsführer Gerrit Brill des Niedergrafschafter Unternehmens.
Dem Unternehmen und Stegemann sind eine ehrliche Debatte zum Moor- und Torfschutz wichtig. „Bereits heute ist klar, dass in der Grafschaft nur noch wenige Jahre Torf abgebaut wird. Zudem macht die Torfgewinnung mit anschließender gärtnerischer Nutzung nur rund 0,2 Prozent der gesamten Emissionen in Deutschland aus“, hebt Stegemann hervor. Die Abwanderung der heimischen Substratindustrie würde daher viele Verlierer in der Region erzeugen, für das Klima aber nur wenig bringen. Der Abgeordnete mahnte daher eine vernunftgesteuerte Verhältnismäßigkeit an.
Auch Geschäftsführerin Anna Hackstein vom Industrieverband Garten e.V. sieht den Entwurf des Umweltministeriums kritisch: „Die Unternehmen in der Torfindustrie schaffen das Vorprodukt für unsere Bäume, Sträucher und Pflanzen, welche alle einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Außerdem sind sie die Grundlage für unsere Versorgungssicherheit, nämlich für Obst und Gemüse. Die Entwicklung von Ersatzprodukten geht bei allen betroffenen Unternehmen seit vielen Jahren voran, allerdings sind die Forderungen des Entwurfs unbestimmt und die Eingriffsmaßnahmen eindeutig praxisfern. Es benötigt eine gemeinsame europäische Lösung, die die Erfahrung der Industrie miteinbezieht und diese zum Beispiel bei der Forschung, im Baurecht oder der Grundlagenforschung im Wandel unterstützt.“
Der Abgeordnete Stegemann bekräftigt seinen Vorschlag und freut sich über die durchweg positive Rückmeldung unter den Teilnehmenden: „Mit der Torfminderungsstrategie der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft gehen wir ins Detail und bieten ein strategisches Vorgehen für den Klimaschutz, aber gleichzeitig gegen den Verlust von heimischen Marktanteilen. So stelle ich mir ein praxisnahes und ideologiebefreites Zusammenspiel von Ökologie und Ökonomie vor.“
Die Emissionen aus trockenen Mooren, die etwa einem Drittel aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft ausmachen, dürften dagegen nicht unterschätzt, aber zugleich auch nicht mit der künftigen Torfnutzung verwechselt werden. „Hier liegen zentrale Herausforderungen vor uns. Eine gute Folgenutzung und in Teilen auch eine Renaturierung kann nachhaltig aber nur im Miteinander mit den Menschen und Flächennutzern vor Ort gelingen. Auch sind dafür erhebliche finanzielle Mittel erforderlich, um Eigentümer kompensieren zu können“, so der Abgeordnete.
Dafür könne er sich auch verstärkte Pilotvorhaben des Bundes zum Moorbodenschutz z.B. im Dalum-Wietmarscher oder im Georgsdorfer Moor vorstellen. Die Torfindustrie kann hier Partner sein: Schon heute hat sie rund 14.000 Hektar in Niedersachsen renaturiert. Zudem brauche es ein modernes Bundesnaturschutzrecht, um Innovationen zu ermöglichen, die schnellen Klimaschutz und Naturschutz miteinander verbinden. Es gehe etwa darum, Torfmoose beschleunigt anzubauen, um das Potenzial der Moore als CO2-Senke tatsächlich zu nutzen.