Die Europäische Union verhandelt derzeit über die Novellierung der Industrieemissionsrichtlinie (IED), die das Regelwerk des Emissionsschutzes in Europa darstellt. Künftig sollen die IED-Bestimmungen für Industrie und Landwirtschaft drastisch verschärft werden. Aktuell fallen rund 9.000 Industrieanlagen in Deutschland unter die Bestimmungen der Richtlinie. Fortan werden deutlich mehr Unternehmen eine Genehmigung benötigen. Über 250 Betriebe im Emsland und der Grafschaft Bentheim würden nach jetzigem Stand keine Genehmigung für den Weiterbetrieb oder diese nur mit erheblichem finanziellen und bürokratischen Aufwand erhalten.
Auch das Salzbergener Unternehmen Hansen & Rosenthal (H&R) wäre von einer Verschärfung massiv betroffen. Die Firma hat sich auf die Entwicklung und Erzeugung von chemisch-pharmazeutischen Spezialprodukten fokussiert. So sind die Emsländer ein führender Hersteller von Raffinationsprodukten, Polymeren und chemischen Zwischenprodukten. H&R beliefert Kunden weltweit in verschiedenen Branchen wie der Automobilindustrie, der Bauindustrie, der Kosmetikindustrie und der Pharmaindustrie.
Der Salzbergener Geschäftsführer von H&R, Martin Ahmann, betont: „Die gesellschaftliche Transformation und das gemeinsame Ziel geringerer Umweltbelastungen kann nur dann vorangetrieben werden, wenn uns Freiheiten wie Technologieoffenheit und angemessene Übergangsfristen zugestanden werden. Genau das Gegenteil geschieht aktuell. Unsere eigene Leistungs- und Transformationsfähigkeit wird durch überzogene gesetzliche Regularien wie der Verschärfung der EU-Richtlinie massiv eingeschränkt und könnte zu einer Verlagerung der betroffenen Industrien in Regionen mit deutlich geringerem Umweltbewusstsein führen. Die Novelle würde uns nur zusätzliche Bürokratie und keinen neuen, nachhaltigen Umweltschutz abverlangen.“
„Mit den geplanten Verschärfungen durch die Richtlinie wird eine schleichende Deindustrialisierung und Abwanderung der heimischen Investitionen massiv befördert – das haben mir in den vergangenen Wochen neben H&R mehr als 50 weitere Unternehmen geschildert. Das müssen wir verhindern“, stellt der heimische Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann klar. „Wir wollen ein klimaneutrales Industrieland werden und auch in Zukunft soziale Sicherung gewährleisten, aber mit einer wirtschaftsfeindlichen Politik gelingt uns keins von beidem.“
In Berlin fand Ende April auf Einladung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Expertenanhörung zu der geplanten Verschärfung der IED statt. Dabei betonten alle Redner vom Deutschen Bauernverband, dem Bund der Deutschen Industrie und der Gewerkschaft IGBCE, dass eine Verschärfung der Genehmigungsverfahren massive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Landwirtschaft habe. „Kritisch ist nach wie vor, dass eine Entkopplung von Umweltmanagementsystem und Genehmigungsvoraussetzung nicht gelöst wurde“, so Verena Wolf vom Verband der Chemischen Industrie.
Albert Stegemann hatte sich bereits mit einem Schreiben an über 250 Unternehmen im Emsland und der Grafschaft Bentheim gewandt. „Ohne eine klare Positionierung Deutschlands gegen diese drastischen Verschärfungen wird diese Novellierung in Brüssel voraussichtlich beschlossen werden. Die Akzeptanz und Unterstützung einer gesamteuropäischen Lösung würden wir somit verspielen“, befürchtet der Bundestagsabgeordnete.
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