Salzbergen. Schon vor Beginn der Corona-Pandemie meldete sich der Betriebsratsvorsitzende Bennet Sandrock der Firma Nidec SSB Wind Systems aus Salzbergen bei dem Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann mit einem Brandbrief zu Sofortmaßnahmen für eine Branche, die schon länger als seit März 2020 in einer Krise steckt: die Windindustrie. „Ich bin froh, dass sich Herr Sandrock mit so deutlichen Worten bei mir gemeldet hat. Mir ist es wichtig, auch mit den Mitarbeitern des Unternehmens zu sprechen. Ich möchte die Probleme und Ideen der Arbeiter an den Produktionsbändern und Maschinen hören“, betont Stegemann ausdrücklich zu Beginn des Gesprächs.
Das Unternehmen Nidec SSB beschäftigt knapp 100 Mitarbeiter und ist bereits seit den Anfängen der Windenergie als Zulieferer tätig. Die SSB entwickelt und produziert hierzu neben elektrischen Steuerschränken im Besonderen elektrische Antriebstechnik sowie Pitchsysteme zum Verstellen der Rotorblätter von Windkraftanlagen. Damit gehört die Firma zu den bedeutenden Zulieferern der Windindustriebranche, die trotz Klimaziele und starken Willens in der Bevölkerung für erneuerbare Energien in den letzten zwei Jahren erhebliche Auftragsrückgänge verzeichnen musste. Zahlreiche Vorhaben stecken im Genehmigungsverfahren fest, Flächen für weitere Anlagen fehlen und eine Vielzahl von Vorhaben liegt aus unterschiedlichen Gründen bei Gericht. So bringt es der Betriebsratsvorsitzende Sandrock besorgt auf den Punkt: „Ich frage mich zunehmend, wie der große Plan für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Niedersachen und Deutschland aussieht. Unsere Arbeitsplätze sind durch die negativen Auswirkungen des EEG2017 und durch unsichere und langsame Genehmigungsbehörden bedroht.“
Stegemann kann die Sorgen gut nachvollziehen. Zwar wurde die Anhebung des Ausbauziels für erneuerbare Energien im Strombereich auf 65 Prozent bis 2030 gerade im Bundestag beschlossen. Ebenso bringen die neuen Möglichkeiten zur Regelung der Mindestabstände konkrete Kompetenzen für die Länder. Im Herbst 2020 steht die geplante EEG-Novelle unmittelbar bevor. Trotzdem erklärt der Wahlkreisabgeordnete: „Beim politischen Ziel des Windenergieausbaus sind wir uns hier einig: Klimaschutz und Versorgungssicherheit geht nur mit Windenergie. Leider ist dieser Wille in der Bevölkerung oft nur so lange da, bis eine Anlage in der Nähe des eigenen Wohnhauses gebaut werden soll.“
Unternehmensleiter Ronald Horstjan begrüßt die ersten politischen Fortschritte, aber wirft abschließend noch einen Blick auf die Gesamtsituation der Branche: „Der ehemals solide Windmarkt in Deutschland ist zur Unsicherheit geworden. Allein im Jahr 2017 wurden 26.000 Stellen in der Windindustrie abgebaut. Nicht nur die Umweltziele geraten durch diese Entwicklung in unerreichbare Weiten, wir laufen zudem Gefahr mit unseren Fachkräften das Know-how der Branche zu verlieren.“